ExtrablattAusDerBewegung
Das ist mein erstes Extrablatt bei dem Ihr kein (neues) Wort braucht. Na, manche von euch könnten schon ein neues Kommando dafür brauchen – allerdings nicht, weil ihre Hunde das Kommando noch nicht gelernt haben, sondern weil sie es schon zu lange (immer gleich) ausführen.

Bedeutung

Euer Hund soll das entsprechende Ruhekommando (sofort, an Ort und Stelle) ausführen, während Ihr weiterlauft. Uups! Da sollte ich wohl besser „obwohl Ihr weiterlauft“ sagen.

Sinn und Unsinn

Yep. Macht Sinn. Da fallen mir auf Anhieb gleich einige sinnvolle Anwendungen ein, wobei es im Alltag wirklich total egal ist, welches Ruhekommando euer Hund aus der Bewegung sicher ausführen kann. Nur muss er es sicherlich ganz und gar sicher beherrschen. Stellt euch vor, Ihr seht, dass ein Kind auf die Straße läuft und Ihr wollt es aufhalten. Dumm nur, dass Ihr euren Hund dabei habt. Der soll schließlich (auch) nicht überfahren werden und deshalb … Ein wenig undrastischer, aber deshalb nicht minder sinnvoll ist ein sicher befolgtes Kommando aus der Bewegung in diesen Situationen: Ihr wollt einer Mutter helfen den Kinderwagen in den Bus zu hieven – die Mütter unter euch werden es nicht glauben, aber es gibt tatsächlich Menschen, die das tun. Oder Ihr habt z.B. einen Retriever mit normal mäßiger Impulskontrolle an der Leine und wollt irgendetwas Heruntergefallenes aufheben, z.B. ein Bällchen oder ein Stück Fleischwurst, hihi. Oder Ihr wollt einfach nur am Verfolgungswahn arbeiten und heute mal allein aufs Klo gehen. In all diesen und noch tausend anderen Situationen machen sicher befolgte Ruhekommandos – zupp – aus der Bewegung megamäßig Sinn. Und das Training an einem Kommando aus der Bewegung sorgt im Erfolgsfall auch stets für eine höhere Kommandosicherheit bei eurem kleinen Racker und gehört zum Generalisierungsprozess.

Voraussetzungen für ein gutes Gelingen

Erste Regel: Je wortfester ein Kommando ist, umso leichter ist es für euren Hund, es auch aus der Bewegung auszuführen. Das liegt an drei Dingen:

Wenn das dann das …

Eure moderne Hundeausbildung legt – völlig zu Recht – großen Wert auf die richtige Verwendung von Gestik, Mimik und Körpersprache. Das kommt uns Körpersprachlern sehr entgegen, denn eine Geste sagt uns nun mal mehr als tausend Worte. Wir Hunde können also am Anfang der Ausbildung die Bedeutung eines Sichtzeichens viel besser verstehen und einordnen, als die Bedeutung eines uns unbekannten Wortes. Aber: nur wer ein Verhalten wirklich austrainiert, achtet speziell auch auf die Ausführung rein aufs (erste) Wort. Der höhere Trainingsaufwand macht das (zu diesem Kommando gehörende) Verhalten sicherer und es wird unabhängiger von euch und eurer Körpersprache.

Euer Hund ist ein Beutegreifer …

Wir Hunde können einfach nicht anders: Sobald sich etwas bewegt, sind wir sofort zur Stelle und folgen diesem Objekt unserer Begierde. Das machen alle Beutegreifer so und das ist auch gut so, denn wegen diesem Automatismus müssen wir niemals (und schon gar nicht lange) nachdenken, ob und wohin eine Beute flüchten will. Wir machen einfach jede Bewegung mit, ohne dabei einen Umweg über komplizierte Entscheidungsmechanismen in unserem – zugegeben, im Vergleich zu eurem, recht kleinen – Großhirn zu machen. Je interessanter wir irgendwas finden, umso eher tritt dieser Automatismus in Kraft. Und wenn Ihr uns eine (uns bekannte) Geste zeigt, dann werdet Ihr interessanter und der Drang euch zu folgen erhöht sich gar sehr.

… und er will immer „alles“ wissen

Er kann aber auch daher rühren, dass wir, z.B. aufgrund eines ungewohnten Fingerzeigs, noch mehr Signale überprüfen wollen. Wir sehen also, wie Ihr uns den Sitzfinger zeigt und dabei aber – völlig verdreht – von uns weglauft. Diese Haltung und das Weggehen passen absolut nicht zu dem, was Ihr uns gesagt habt und was Ihr da gerade mit dem Finger macht. Wenn Ihr nur hinsehen würdet, dann könntet Ihr ein riesengroßes Fragezeichen über unserem rauchenden Kopf sehen, das da fragt: „Was will Sie?!!!!!“

Eigentlich …

… wäre es also ein Klacks, uns die Ruhe-Kommandos (auch) aus der Bewegung beizubringen: Ihr müsstet sie nur wortfest machen und alles wäre viel einfacher. Aber eben nicht leicht, weil Ihr eure Hände nicht still halten könnt oder wollt. Bzw. und außerdem, weil Ihr nur allzu fleißig und dazu auch noch recht streng mit euch selbst und eurem kleinen Liebling trainieren müsstet, bis er tatsächlich ein Ruhekommando so schnell und auf das erste Wort ausführt, dass ihm eure Bewegung denn auch wirklich egal ist. Wie Ihr ein Kommando wortfest bekommt, das könnt Ihr in meinem Extrablatt „Auf ein Wort“ nachlesen.



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Anlegen des Kommandos

Hier kommt jetzt also eine etwas einfachere Methode, die euch die Verwendung des Handzeichens auch erlaubt. Wichtige Voraussetzung dabei ist allerdings, dass Ihr diese Handzeichen bereits aufrecht zeigen könnt. Ich nehme hier jetzt einfach mal das „Sitz“ aus der Bewegung und stelle euch, wie immer die unvermeidliche Frage:

Was soll euer Hund machen?

Richtig! Er soll sich setzen, obwohl Ihr weiterlauft. Uups, das ist schon alles? Na, worauf wartet Ihr dann noch? Los geht’s! - Ihr startet aus der GS „Sitz“. Mit einem „Fuß“, lauft ihr los, macht ein paar Wendungen und streut ab und an ein „Sitz“ (mit Anhalten, auf Wort und hohen Finger). Belohnungen gibt dafür erst einmal reichlich. - Nach ca. 5 Minuten einlaufen, packt Ihr die Bewegung dazu … Trippelt auf der Stelle, zeigt den hohen Finger, sagt einmal „Sitz“ und wartet trippelnd und mit hoch gehaltenem Finger die Ausführung ab. Jackpot! - Nach dem dritten, vierten erfolgreichen Versuch in Folge packt Ihr euren ersten Schritt, von eurem Hund weg, dazu. Wohlgemerkt, soll und darf das nur ein einziger Schritt sein. Und Ihr kehrt natürlich auch sofort zurück und belohnt das.

Mögliche Fehler beim Anlegen

Normalerweise sage ich ja immer nur „clickt“, wenn Ihr ein Verhalten markern sollt und ignoriere halt einfach, dass einige von euch dieses wichtige, tolle Werkzeug noch nicht benutzen. Heute mache ich da aber eine Ausnahme, weil es hier tatsächlich einen Unterschied gibt, ob Ihr clickt oder ein Markerwort benutzt: Euer Markerwort lässt, ob Ihr nun wollt oder nicht, immer auch eure Emotionen mit durchklingen. Manchmal ist das ja sogar toll, aber immer dann, wenn Ihr mit eurem Hund auf Distanz arbeitet, dann ist eure Freude doch meistens hinderlich. Denn, was macht euer kleiner Racker wenn Ihr ein, zwei Meter von ihm weg, riesige Freude zeigt? Na. Klar! Er kommt auf einen Sprung vorbei und freut sich mit euch, das ist doch klar. Der Click ist hingegen, so frei von jeglichen Emotionen, dass euer Hund ihn in der Regel hinnimmt und brav auf seine Belohnung wartet. Er kann also bedenkenlos genau in dem Moment eingesetzt werden, in dem euer Hund das Verhalten zeigt, dass Ihr doch nur allzu gern verstärken würdet: Er setzt sich hin, während Ihr euch von ihm weg bewegt. Das ist das, was Ihr haben wollt und der effektivste Weg es immer öter zu bekommen ist es genau an dieser Stelle zu markern. Die Clickerer unter euch sollen den Click also tatsächlich genau in dem Moment setzen, in dem euer Hund euren Hintern sieht und danach sofort zu Ihrem Hund zurückkehren und füttern. Die Markerwortbenutzer dürfen das dreigestrichene „fein“ oder was es auch immer sein soll, erst dann benutzen, wenn sie schon wieder am Hund stehen. Die Gefahr, dass euer Hund sich mit euch freut und deshalb aufsteht, ist einfach zu groß, als dass der Vorteil des genauen Markerns das aufwiegen würde. Das war das eine. Das andere ist die Sache mit dem EINEN Schritt, denn bei solchen Angaben, habt Ihr Menschen ja gerne mal ein Problem mit der Genauigkeit. Es soll und darf also wirklich vorerst nur EIN Schritt sein. Und diesen Schritt solltet Ihr, wenn möglich, immer mit eurem vom Hund abgewandten Bein machen – das hat was mit dem Loslaufen und zu spät „Fuß“ sagen und Zeigen beim „Fuß“ zu tun und natürlich damit, dass euer kleiner Racker so gut beobachtet und lernt, hihi. Aber bleiben wir nochmal bei dem EINEN Schritt. Der reicht nämlich erst einmal und recht lange voll und ganz aus, um eurem Hund das Wesentliche an dem neuen Verhalten beizubringen: Er setzt sich hin, während Ihr euch noch bewegt. Punkt. Mehr muss nicht und manchmal ist halt weniger einfach mehr. Denn mit jedem weiteren Schritt und mit jedem Meter größerer Entfernung, wird die Gefahr, dass er aufsteht, megamäßig größer. Und genau das wollt Ihr nicht. Warum nicht? Oh, schon wieder so eine zweisilbige Menschenfrage, aber ich will sie euch gerne beantworten: Weil das nicht nur einfach einen Misserfolg in eurem Training bedeutet – und Ihr wisst ja hoffentlich, wie sehr Misserfolge euren Trainingserfolg schmälern und wie sehr sie sich nachhaltig auf die lupenreine Ausführung eines Verhaltens auswirken. Nein, hier bestätigt dieser Misserfolg (für euch) obendrein noch nachhaltig das Verhalten „aufstehen und hinterherdackeln“ eures kleinen Rackers. Denn der bekommt auf dieses Verhalten hin genau das, was er haben will: EUCH (zurück)!

Weiter geht’s

Wenn Ihr bei einer ehrlichen Quote von 9 (Erfolgen) zu 10 (Versuchen) angekommen seid, dann (aber wirklich erst dann) lasst Ihr erst einmal das „auf der Stelle trampeln“. Bleibt es bei der Quote von 9:10 oder habt Ihr sie wieder erreicht, dann hat euer kleiner Racker verstanden, was Ihr von ihm wollt und könnt nun die Distanz LANGSAM aber sicher steigern. Mit „langsam“ meine ich natürlich nicht, dass Ihr euch im Schleichgang von eurem Racker entfernen sollt, sondern dass ihr die Entfernung nach und nach, Schritt für Schritt steigern sollt. Und wenn Ihr das getan habt, dann warten ja noch zwei weitere Ruhekommandos auf euch, die Ihr zu einem Kommando aus der Bewegung ausbauen könnt. Und zusätzlich könnt Ihr die Kommandos aus der Bewegung auch noch in euer Impulskontrolltraining einbauen. Wie war das gleich noch mit dem Bällchen oder der Fleischwurst und dem Retriever …

Viel Spaß beim Üben

Euer Bertie