Sinn und Unsinn
Was Ihr mit diesem Herangehen anfangen sollt wenn ihr gar nicht vorhabt euren Hund zu longieren? Ha! Das ist einfach: Ihr werdet es gegen „Bleib“ und „Bleibhand“ eintauschen. Aber wie kommt Ihr ohne diese Erinnerungen und Mahnungen aus?
Werdet einfach zu einem Souverän
Ein Souverän, der straft nicht und er erinnert oder mahnt nicht, denn das hat er alles nicht nötig. Er stellt etwas dar, in der Welt seines Hundes. Er hat eine Ausstrahlung die auf den Hund strahlt, wie die Sonne an einem schönen Morgen. Sie gibt dem Hund Kraft und Vertrauen. Und falls euer Hund doch einmal zweifelt und fragen möchte: „Oh, je! Meinst Du das können wir schaffen?“ dann gebt Ihr die Antwort schon, bevor er diese Frage stellen wollte: „Zweifle nicht mein Hund und sei ganz beruhigt. Ich habe die Lage unter Kontrolle und werde Dich leiten.“ In dieser Gewissheit kann euer Hund gar nicht anders, als sitzen zu bleiben. Er will gar nicht hinter das Band kommen, weil er weiß, dass Ihr das nicht wünscht. Weil er euch achtet und eure Souveränität genießt.
Schaust Du ihn an, dann kommt er rein!
Das ist der Wahlspruch der Longierer. Ihr müsst deshalb lernen, zu spüren, wie euer Hund sich fühlt und was er vorhat. Ich weiß, dass hört sich jetzt nach Psycho-Astro-Wischi-Waschi an. Aber Ihr werdet noch sehen, dass das tatsächlich geht. Ein sehr guter Longierer kann euch sogar mit verbundenen Augen sagen, was sein Hund gerade außen am Kreis für eine Gangart läuft, bzw. ob der Hund die von ihm vorgegeneben Gangart umsetzt. Ihr werdet nach und nach ein Gespür dafür bekommen, wann euer Hund soweit ist, dass Ihr von ihm wegtreten könnt. Bis das aber soweit ist, werdet Ihr einen Helfer brauchen der euch ein Zeichen gibt, dass euer Hund jetzt bereit ist. Er sollte etwas seitwärts eurem Hund gegenüber stehen, diesen aber natürlich auch nicht anstarren. Er bemerkt recht bald ein leichtes „Durchsacken“ des Hundes. Das äußert sich beim einen Hund durch Absenken des Blickes, bei anderen durch eine leichte Bewegung in der Hüft und wieder bei einem anderen durch das leichte Umsetzen einer Vorderpfote. Typisch ist aber auch ein einmalig festeres Ausatmen.
Das Zeichen des Helfers soll einerseits deutlich und für euch klar erkennbar sein, andererseits soll es aber auch so beiläufig wie möglich geben, damit er eure Versammlung nicht stört.
Anlegen des Verhaltens
Sucht euch einen Ort mit wenig Ablenkung. Euer Hund sollte ausgeruht sein und auch Ihr solltet vor dem Training ausreichend geruht haben. Ihr braucht zu dieser Übung einen Teppich und drei Pylonen auf einer Linie im Abstand von jeweils 4-5 Metern.
1 Lauft mit eurem angeleinten Hund aus min. 3m Entfernung geradewegs zur ersten Pylone und setzt euren Hund dort in die GS.
a. Achtet darauf, dass er stets gerade sitzt, denn nur dann sitzt er immer gleich.
2 Leint euren Hund ab und lasst die Leine an Ort und Stelle liegen.
3 Stellt euch aufrecht und gerade neben euren Hund
a. Eure Schultern sind gerade
b. Eure Haltung ist aufrecht
c. Euer Blick ist auf die letzte Pylone gerichtet
d. Eure Hände zappeln nicht rum
e. Ihr achtet auf eure Atmung
f. In eurem Körper entsteht eine wohlige Spannung
Wenn Ihr später firm in diesem Ablauf seid, dann braucht Ihr dafür (nur) noch drei Sekunden, jetzt werden das ein paar Sekunden mehr sein.
4 Nun gebt Ihr eurem Hund mit deutlicher Körpersprache (Klatschen auf den Oberschenkel, fester Schritt nach vorn und die Hand vor die Brust, KEIN LeindeHa!) ein Fußkommando
5 An der zweiten Pylone gebt Ihr eurem Hund wieder ein „Sitz“ und stellt nochmals die gleiche Körpersprachen her
Sollte euer Hund das „Sitz“ nicht sofort ausführen fangt Ihr wieder bei 1 an.
6 Stellt wieder diese Körperspannung her …
a. Eure Schultern sind gerade
b. Eure Haltung ist aufrecht
c. Euer Blick ist auf die letzte Pylone gerichtet
d. Eure Hände zappeln nicht rum
e. Ihr achtet auf eure Atmung
f. In eurem Körper entsteht eine wohlige Spannung
7 Aus dieser Spannung gebt Ihr eurem Hund mit deutlicher Körpersprache (Klatschen auf den Oberschenkel, fester Schritt nach vorn und die Hand vor die Brust, KEIN LeindeHa!) wieder ein Fußkommando
8 An der dritten Pylone gebt Ihr eurem Hund wieder ein „Sitz“ und stellt nochmals die gleiche Körpersprachen her (siehe oben)
Nun kommt euer Helfer ins Spiel, denn Ihr dürft euren Hund ja selbst nicht anschauen. Sobald der Helfer das Durchsacken erkennt, gibt er euch das Zeichen.
9 Je nachdem, wie euch das Zeichen des Helfers be- und gerührt hat, müsst Ihr euch jetzt nochmal sammeln
a. Achtet vor allem auf eure Atmung
10 Möglichst beim Ausatmen, dreht Ihr euch 90° von eurem Hund weg und lauft 3 Schritte zur Seite
11 Nun dreht Ihr euch wieder zurück und sammelt euch wieder
Bei eurem Gehen konnte euer Helfer eine erneute Anspannung bei eurem Hund erkennen, die erst wieder herunter gefahren werden muss. Das erreicht Ihr durch die erneute Versammlung. Achtet auf eure Körperspannung und zappelt bitte nicht so herum!
Steht euer Hund auf oder folgt euch gar, so fangt Ihr wieder bei 1 an.
Erkennt euer Helfer das Durchsacken bei eurem Hund, dann gibt er euch wieder ein Zeichen. Sammelt euch daraufhin zunächst nochmal. Das Zeichen löst bei euch immer weniger Emotionen aus, aber anfangs halt doch recht viele.
12 Nun lauft Ihr geradewegs drei bis vier Schritte in den gedachten Kreis, biegt dann 90° ab und stellt euch eurem Hund (in gerader Linie mit den Pylonen) gegenüber.
13 Sammelt euch wieder, stellt eine schöne Körperspannung her
14 Löst die gesamt Anspannung auf, indem Ihr zu eurem Hund lauft, sein „Sitz“ auflöst und ein Wurfspiel startet
a. Dabei werft Ihr seitlich von eurem Hund weg
Was Ihr da werft, das kann ein bereits konditioniertes Preydummy sein, oder sonst eben ein Bällchen oder ein Dummy. Ob Ihr das schon dabei hattet oder ob euer Helfer euch das schnell und unbemerkt zusteckt, während Ihr schon bei eurem Hund seid und euch mit ihm freut, das hängt nicht zuletzt von eurem Hund ab. Macht es einfach so, wie es klappt.
Mögliche Fehler beim Anlegen
Achtet unbedingt auf ein entspanntes Trainingsfeld. Dazu gehört Ihr, euer Hund, eure Umgebung, euer Helfer und die anwesenden, anderen Hunde und Menschen. Tickt ein Hund, dann soll sein Mensch sich mit ihm entfernen.
Achtet auf sofortige, korrekte Ausführung der wenigen Kommandos, die Ihr eurem Hund gebt. Es sind insgesamt nur fünf! Und beginnt immer wieder von vorn, sobald euer Hund euch „wiederspricht“.
Oh, Verzeihung, dass hatte ich ja noch gar nicht erwähnt: Ihr tragt während dieser Übung kein Leckerchen bei euch und belohnt also auch nicht zwischendurch. Wohl aber könnt und sollt Ihr natürlich bei Vorübungen zum geraden, engen „Sitz“ und zum flotten „Fuß“ konsequent und ausschließlich gewünschtes Verhalten äußerst großzügig belohnen.
Weiter geht’s
Falls Ihr Blut geleckt habt, dann ist der nächste Longierkurs in eurer Huschu ja wohl fest gebucht. Ansonsten könnt Ihr mit dieser Übung, wie Ihr wohl bereits gemerkt habt, eine ganz schön hohe Kommandofestigkeit erzielen und spart euch für die Zukunft jede Menge „Bleib“ und „Sitz“ als Korrekturen.
Viel Spaß beim Üben